EUCLID Satellit; Artist Impression [Quelle: ESA]
Auf der Suche nach dunkler Materie: Braunschweiger Leichtbau-Spezialist INVENT GmbH trägt wesentlich zum Erfolg der Satellitenmission EUCLID der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) bei.

Strukturkomponenten für EUCLID

Am 01.07.2023 ist der Europäische Forschungssatellit EUCLID an Bord einer SpaceX Falcon 9-Rakete von Cape Canaveral in Florida ins All gestartet. Youtube-Video dazu: https://www.youtube.com/watch?v=2OJ6lCFS29Y.
Nach etwa 30 Tagen wird er seinen Zielort, den zweiten Lagrange-Punkt im Erde-Sonne-System, erreichen. Dort angekommen wird EUCLID etwa sechs Jahre lang den Weltraum erkunden. Ziel der Mission ist die Erforschung der dunklen Materie. Dazu kartographiert EUCLID ca. ein Drittel des gesamten Himmels und untersucht dabei den Zusammenhang zwischen Rotverschiebung und den Entwicklungen von kosmischen Strukturen wie Galaxien und Galaxienhaufen. Dazu verwendet EUCLID zwei unterschiedliche Instrumente. Das „Visual Imager Instrument (VIS)“, welchessichtbares Licht mit Wellenlängen zwischen 550 nm und 900 nm erfasst und das „Near Infrared Spectrometer and Photometer Instrument (NISP)“, das im nahen Infrarotbereich des elektromagnetischen Spektrums zwischen 900 nm und 2000 nm arbeitet.

INVENT war mit zwei Projekten an der Entwicklung und Herstellung von Schlüsselkomponenten der Satellitenmission EUCLID beteiligt. Zum einen an der beweglichen Ka-Band Antenne, die die wissenschaftlichen Messungen der Instrumente an die Erde überträgt und zum anderen an Tragstrukturen, die die Instrumente thermisch vom Satelliten entkoppeln und somit deren Messgenauigkeit sicherstellen.

Der Antennenreflektor:

Die INVENT GmbH hat im Unterauftrag des Weltraumantennenspezialisten HPS den Antennenreflektor und dessen Tragstruktur für den EUCLID-Satelliten gefertigt. Der Reflektor ist die zentrale Strukturkomponente der Antenne, die wissenschaftliche Daten vom Satelliten zur Erde überträgt.
Dabei werden die Messergebnisse von EUCLID im K-Band (26GHz) gesendet, wodurch bei einer Sendedauer von vier Stunden pro Tag ca. 850 GB an Daten übertragen werden können.

Die zentrale Anforderung an die Reflektorstruktur ist ein sehr geringes Gewicht bei einer gleichzeitig hohen Stabilität sowie die extremen Servicetemperaturen zwischen -150°C und +150°C. Um diese Anforderungen zu erreichen, wurde der Reflektor in einer extremen Leichtbauweise hergestellt, bei der neben Aluminiumwaben ultra-hochmodulige kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe als Materialienverwendet wurden. Eine weitere Herausforderung bei der Herstellung des Reflektors war die Einhaltung der hohen Genauigkeitsanforderungen. Um diese zu erreichen, wurden spezifische Fertigungsprozesse und eine Reihe hochpräziser Werkzeuge und Vorrichtungen entwickelt und speziell für dieses Projekt gebaut. Nach einer ca. 3-jährigen Entwicklungs- und Herstellungszeit, inklusive der Produktion des Thermal-Strukturmodels zur thermo-elastischen Charakterisierung des Reflektors, wurde das Flugmodel im Frühjahr 2019 an HPS übergeben.

„Die extrem hohen Temperatur- und Genauigkeitsanforderungen haben uns vor große Herausforderungen gestellt“, sagt Susanne Röddecke, Projektleiterin bei INVENT. „Wir sind stolz, dass wir diese Herausforderungen durch die exzellente Arbeit in unserem Team und die hervorragende Kooperation mit unserem Kunden HPS lösen konnten.“

Die Instrumentenstützen zur thermischen Entkopplung:

Im Unterauftrag für Airbus DS Toulouse hat INVENT glasfaserverstärkte Streben für drei unterschiedliche Anwendungen in EUCLID gefertigt und qualifiziert.

  1. PLM („Pay Load Module“) Struts: Die PLM Struts sind als Bi-Pods konzipiert und dienen zur quasi-statischen Lagerung des Nutzlastmoduls auf der Satellitenplattform sowie dessen thermischen Entkopplung
  2. VIS („Visible Imager) Struts: Die VIS Struts sind als Satz von je zwei Mono-und Bipods konzipiert und dienen der Lagerung der VIS FPA Elektronikmodulstruktur sowie dessen thermischen Entkopplung
  3. NISP („Near-Infrared Spectrograph & Photometer”) Radiator Struts: Die NISP Struts sind als Mono- und Bipods konzipiert und dienen als Lagerung und zur thermischen Entkopplung der NISP Radiatoren vom Nutzlastmodul.

Die Anbindungspunkte an den Enden der Streben bestehen aus hochkomplexen metallischen Interfaces, die eine definierte und hochpräzise Montage an die Verbindungselemente des Satelliten gewährleisten. Dabei stellte die Integration der Glasfaserstreben mit den metallischen Verbindungselementen eine der zentralen Herausforderungen bei der Entwicklung und Umsetzung dar.

Das Projekt startete in 2017 mit einem Qualifikationsprogramm zur Verifikation der Komponenten bei Temperaturen zwischen 70K und 333K. Ziel war, neben des Nachweises der mechanischen Performance, die Verifikation des Thermo-elastischen Verhaltens und der Wärmeleitung unter Berücksichtigung der extrem niedrigen Anwendungstemperatur. Nach erfolgreicher Qualifikation erfolgte die Herstellung der Bauteile in 2018/2019 und deren Übergabe an Airbus DS im September 2019.

„Der Aufwand zur Qualifikation der Streben war aufgrund der hybriden Bauweise aus metallischen und Kunststoffkomponenten schon enorm“, sagt Holger Schmitz, Projektleiter bei INVENT. „Insbesondere, da die Streben mit einer Glasfaserverstärkung hergestellt wurden, was in dem von Kohlenstofffasern dominierten Raumfahrtmarkt eher untypisch ist“.

Über die INVENT GmbH:

Passion for Composites

Als anerkannter Leichtbau-Spezialist für innovative Faserverbundtechnologien der Branchen Luft- und Raumfahrt, Maschinenbau, Automotive, Schienenfahrzeuge und Schiffbau entwickelt und produziert die INVENT GmbH in Braunschweig als EN 9100 sowie Nadcap zertifiziertes Unternehmen seit 1996 hochpräzise Strukturkomponenten, von der ersten Idee bis zur Serienfertigung. Die eigenen Konstrukteure arbeiten sehr eng mit den unterschiedlichsten Fertigungsspezialisten zusammen. So bieten wir unseren Kunden ein Gesamtpaket aus einer Hand hinsichtlich Designs, Fertigungsplanung, Herstellungsprozesse, mechanische Bearbeitung, Fügen und Montage sowie Lackierung und Qualitätskontrolle

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