„JUICE“ will ab 2022 (Wissens-)Durst über den größten Planeten unseres Sonnensystems und seine Trabanten stillen

Die Vorbereitungen für die europäische Raumfahrt-Mission JUICE (JUpiter ICy moons Explorer), die 2022 zum Jupiter und seinen drei größten Monden Ganymed, Callisto und Europa starten soll, laufen auf Hochtouren. Untersucht werden sollen das Magnetfeld und die Atmosphäre des Riesenplaneten sowie die Eispanzer der drei Monde, unter denen riesige Ozeane vermutet werden. Und wo Wasser ist, könnte auch Leben sein.

JACS (JUICE Magnetometer Alignment Calibration System) auf Transportrahmen

Die auf innovativen Faserverbundleichtbau in Luft- und Raumfahrtprojekten spezialisierte INVENT GmbH aus Braunschweig hat wesentliche Komponenten der Messinstrumente an Bord von JUICE gebaut und getestet. „Wir haben zum einen zwei etwa sechs Quadratmeter große, aber sehr filigrane Strukturrahmen aus kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (CFK) für das so genannte JUICE Magnetometer Alignment Calibration System (JACS im Unterauftrag von Lusospace) entwickelt und zum anderen – ebenfalls aus CFK – den zylindrischen Arm für das Magnetometer (JMAG) im Unterauftrag der SENER Aeroespacial hergestellt und getestet“, erklärt Christoph Tschepe, Bereichsleiter Raumfahrt bei INVENT.

 

 

 

 

Ein Segment des JMAG-Auslegers während der zerstörungsfreien Prüfung

Das Magnetfeld des Jupiters ist 20 Mal so stark wie das der Erde. Elektrisch geladene Teilchen sammeln sich in seiner Nähe, was zu einer enormen Strahlungsbelastung führt, der JUICE gewachsen sein muss. Das hochempfindliche Magnetometer wird deshalb auf einem knapp elf Meter langen Ausleger außerhalb der Sonde befestigt. Das Magnetometer soll Änderungen der Magnetfelder der Jupitermonde detektieren, woraus Rückschlüsse auf mögliche Wasservorkommen unter der Eisoberfläche gezogen werden können – beispielsweise ob das Wasser salzhaltig und in Bewegung ist. Das wäre die Grundvoraussetzung für Leben, vielleicht Mikroorganismen. „Damit das Magnetometer diese Veränderungen beobachten kann, muss es sehr genau arbeiten können. Wir mussten deshalb penibel darauf achten, dass keine metallischen bzw. magnetischen Partikel in und an den Zylinderarm gelangen“, sagt Dr. Fabian Preller, JUICE-Projektleiter bei INVENT. Denn magnetische oder magnetisierbare Partikel können sich negativ auf die Messung des Magnetfeldes auswirken.

Visuelle Inspektion der JACS Flug-Hardware
JACS Kupferspule an CFK-Struktur

Um zu wissen, wohin das Magnetometer schaut, muss es kalibriert werden. Dafür gibt es das „JACS“ – zwei mit rund sechs Quadratmetern sehr große Luftspulen, die mit Kupferdraht umwickelt sind und ein gezieltes Magnetfeld erzeugen. „Entscheidend ist hier das richtige Verhältnis von Steifigkeit und Gewicht des Rahmens. Besonders herausfordernd waren dabei die sehr unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten zwischen dem Kupfer und dem CFK“, sagt Fabian Preller. Die Lösung sind hier leichte, nachgiebige Elemente an allen Ecken, die derart steif und elastisch sind, dass sie die Kontraktion der Kupferspule zulassen, aber keine Schwingungen, zum Beispiel beim Start der Rakete.
Um die Spulen auch bei hohen Temperaturen fest zu halten, sind diese Elemente zudem vorgespannt. Insgesamt wiegen die zwei Rahmen mit den integrierten Spulen weniger als acht Kilogramm, die CFK-Struktur der Rahmen liegt bei etwa 2,5 Kilogramm pro Rahmen.

Die INVENT GmbH hat außerdem für das so genannte „Langmuir-Probe Plasma Wave Instrument (LP-PWI)“, vier besondere Sonden, mit denen Plasma charakterisiert werden kann, Ausleger aus CFK angefertigt. Diese sind jeweils rund 2,7 Meter lang bei einem Durchmesser von 20 bis 25 Millimetern. Das Instrument benötigt diese Ausleger, damit die Messungen der Sonden nicht durch den Satelliten gestört werden. INVENT fertigte die Ausleger im Unterauftrag des Raumfahrtunternehmens Astronika aus Warschau im Rahmen der Entwicklung der LP-PWI-Einheit als Teil der JUICE Mission mit Mitteln der ESA (Vertragsnummer 4000119065/16/NL/JK).

Die Ausleger für „JMAG“ und das LP-PWI hat der Braunschweiger Mittelständler bereits an seine Kunden in Spanien und Polen ausgeliefert, das Kalibrierungssystem JACS folgte am 25. Oktober 2019 nach Portugal. „Wir freuen uns sehr, wesentliche Beiträge für JUICE leisten zu können – die Mission ist einerseits durch ihre Größe und Komplexität bedeutend, andererseits haben die ESA und die europäische Raumfahrtindustrie den Anspruch, den Zeit- und Kostenrahmen zu halten. Dafür setzen auch wir uns ein“, so Raumfahrt-Bereichsleiter Christoph Tschepe.

 

Über INVENT

PASSION FOR COMPOSITES

Als anerkannter Leichtbau-Spezialist für innovative Faserverbundtechnologien der Branchen Luft- und Raumfahrt, Maschinenbau, Automotive, Schienenfahrzeuge und Schiffbau entwickelt und produziert die INVENT GmbH in Braunschweig als EN 9100 sowie Nadcap zertifiziertes Unternehmen seit 1996 hochpräzise Strukturkomponenten, von der ersten Idee bis zur Serienfertigung. Die eigenen Designer und Konstrukteure arbeiten sehr eng mit den unterschiedlichsten Fertigungsspezialisten zusammen. So bieten wir unseren Kunden ein Gesamtpaket aus einer Hand mit Blick auf Design, Fertigungsplanung, Herstellungsprozesse, mechanische Bearbeitung, Fügen und Montage sowie Lackierung und Qualitätskontrolle.

www.invent-gmbh.de

 

Über JUICE

Im Frühjahr 2012 haben die Mitgliedsstaaten der europäischen Weltraumagentur ESA beschlossen, eine Raumsonde zum Jupiter und zu drei seiner größten Monde – Ganymed, Callisto und Europa – zu starten: JUICE (JUpiter ICy moons Explorer) ist die erste große Mission („L-Mission“) im Cosmic Vision Programm der ESA (2015-2025). Jupiter ist der größte Planet unseres Sonnensystems mit insgesamt 79 bekannten Monden; Ganymed, Callisto und Europa haben dicke Eispanzer, unter denen große Ozeane vermutet werden. JUICE soll im Mai 2022 an Bord einer europäischen Ariane-5-Trägerrakete starten, die Ankunft am Jupiter ist für Oktober 2029 geplant, gefolgt von drei Jahren Beobachtungszeit. Die Raumsonde umkreist dabei den größten Planeten unseres Sonnensystems und seine Trabanten und sammelt unterschiedlichste Daten. Insgesamt sind elf wissenschaftliche Instrumente vorgesehen: neben dem Magnetometer ein Laser-Altimeter und ein Radar-Instrument, eine Weitwinkel- und eine Tele-Kamera, ein Ultraviolett- und ein Infrarot-Spektrometer, ein Submillimeter-Instrument, ein Radiowellen- und Plasma-Messgerät und eine Partikel-Messeinheit. Deutschland ist mit etwa 20 Prozent an JUICE wissenschaftlich und industriell beteiligt.

 

Dr. Fabian Preller
+49 531 24466-24
fabian.preller@invent-gmbh.de

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